Die Jahreszeiten
Haydn wurde zur Komposition der Jahreszeiten durch den großen Erfolg seines vorhergehenden Oratoriums Die Schöpfung (1798) angeregt, das zu dieser Zeit in ganz Europa aufgeführt wurde. Wie bei jenem Werk wurde das Libretto zu Die Jahreszeiten von Baron Gottfried van Swieten verfasst, einem österreichischen Adligen, der auch einen großen Einfluss auf Mozarts Karriere gehabt hatte. Van Swietens Libretto war dessen eigene deutsche Wiedergabe eines Auszugs aus dem englischen Versepos von James Thomsons The Seasons.
Die Komposition war mühsam für Haydn, zum einen wegen seiner angegriffenen Gesundheit, zum anderen, weil ihn van Swietens Text nicht überzeugte. Er brauchte zwei Jahre, um Die Jahreszeiten fertigzustellen.
Die Premiere am 24. April 1801 in Wien wurde zwar ein Erfolg, der aber nicht dem der Schöpfung vergleichbar war. Auch in der Folgezeit wurden Die Jahreszeiten deutlich seltener aufgeführt als das frühere Oratorium.
Der Grund für die geringere Beliebtheit wird weniger bei der Musik als beim Libretto gesucht. Oratorien wurden typischerweise zu christlichen Themen geschrieben und bezogen ihre Textgrundlagen häufig aus der Bibel oder Heiligengeschichten. Das Libretto der Jahreszeiten dagegen ist weitgehend deskriptiv auf den Jahres- und Tageskreis bezogen. Lediglich der Finalsatz spricht als wertvoller anerkannte Themen an (die Bedeutung des Lebens, das ewige Leben). Diese Schlusspassagen sind auffallenderweise keine Übersetzungen aus dem Gedicht von Thomson, sondern originale Arbeiten van Swietens.
Die Jahreszeiten entsprechen somit inhaltlich weder einem religiös geprägten Oratorium noch dem Ideal eines Kunstwerks im Geiste der Aufklärung, ihre heiteren wie eindringlichen Naturschilderungen und Verklärungen des Landlebens zeigen vielmehr Einfluss der Philosophie Rousseaus. Die Position Haydns in diesem Spannungsfeld ist nicht letztgültig zu klären. So äußerte sich Haydn ironisch zur Ode an den Fleiß (obwohl er sein ganzes Leben lang fleißig gewesen sei, habe man ihn zum ersten Mal gebeten, einen Chor zum Lob des Fleißes zu schreiben), die eine nüchterne Arbeitsethik verklärt – entsprechende Ironie mag auch in der musikalischen Gestaltung durch ungewöhnliche Stimmführungen erkennbar sein – , andererseits auch humorvoll vergnügt zum Weinfest des Landvolkes („einen so komischen Kontrapunkt und eine so besoffene Fuge habe ich noch nie geschrieben“). Haydns Bezeichnung des Librettos als „französischen Abfall“ ist wiederum ein Indiz für eine Ablehnung der Rousseau'schen Thesen, ohne dass damit eine Identifikation mit dem ethischen Geist der Aufklärung, wie er in der Schöpfung stärker hervortritt, belegt wäre.
Quelle:
Auszug aus der Seite „Die Jahreszeiten (Haydn)“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. Oktober 2017, 19:58 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Die_Jahreszeiten_(Haydn)&oldid=170325293 (Abgerufen: 28. November 2017, 11:18 UTC)
Joseph Haydn (1732 - 1809)
Am 31. März 1732 wurde Joseph Haydn in Rohrau, einem kleinen Ort an der österreichisch-ungarischen Grenze, geboren. Er hatte noch elf Geschwister, von denen aber nur sechs überlebten. Beide Eltern waren keine ausübenden Musiker. Der Vater, Mathias Haydn, war Wagenbauer und später Marktrichter. Im Hause Haydn wurde viel gesungen und der Vater spielte Harfe.
Johann Mathias Frankh, der damalige Schuldirektor von Hainburg, einem Nachbarort von Rohrau, lernte im Jahr 1738 den jungen Haydn kennen. Er erkannte dessen Begabung und schlug den Eltern vor, das Kind zu ihm nach Hainburg zur Ausbildung zu schicken. Mit sechs Jahren kam Joseph Haydn also nach Hainburg. Später äußerte er sich über diese Zeit wie folgt: „Ich verdanke diesem Manne noch im Grab, dass er mich zu so vielerlei angehalten hat, wenngleich ich dabei mehr Prügel als zu essen bekam.“ Georg von Reutter, der damalige musikalische Direktor des Stephansdom in Wien, entdeckte Haydn bei einer seiner Provinzreisen, auf denen er nach talentierten Chorknaben Ausschau hielt.
Im Jahr 1740, also mit acht Jahren, wurde Haydn Chorknabe der Kantorei St. Stephan in Wien. Dort erhielt er Gesangs-, Violin- und Klavierunterricht. Später kam noch Kompositionsunterricht bei Nicolo Porpora hinzu. Ein Haydn-Zitat aus dieser Zeit: „Ich hatte gute Meister. Endlich hatte ich noch die Gnade, von dem berühmten Herr Porpora die echten Fundamente der Setzkunst zu erlernen.“ Im Jahr 1748, nachdem Haydn in den Stimmbruch gekommen war, schlug der Chorleiter Reutter vor, ihn zu einem Kastratensänger zu machen, was von Haydns Vater vehement zurückgewiesen wurde. Nachdem er also nicht mehr im Chor singen konnte, entschied sich Haydn freischaffender Künstler zu werden und in Wien zu bleiben.
Im Jahr 1750 zog er in dasselbe Haus, in dem auch der Dichter und Librettist Pietro Metastasio, der in Wien als Hofdramaturg angestellt war, lebte. Metastasio wohnte mit der Familie Martinez zusammen, deren Tochter Marianna (geb. 1744) Schülerin von Haydn wurde. Marianna Martinez wurde später eine bekannte Komponistin.
In der Zeit der 1750er Jahre setzte sich Haydn intensiv mit dem Werk des Bach-Sohnes Carl Philipp Emanuel auseinander. Er äußerte sich dazu folgendermaßen: „Da kam ich nicht mehr von meinem Klavier hinweg, bis ich Bachs Sonaten durchgespielt hatte. Wenn ich an meinem alten, von Würmern zerfressenen Klavier saß, beneidete ich keinen König um sein Glück.“
Am 26. November 1760 heiratete Joseph Haydn die drei Jahre ältere Anna Maria Keller im Stephansdom zu Wien. Anna Maria war die älteste Tochter eines Perückenmachers. Haydn war Musiklehrer im Hause Keller, wo er sich zunächst in die jüngere Schwester von Anna Marie verliebte, die aber für ein Leben als Nonne bestimmt war. Später äußerte sich Haydn wie folgt zu dieser Ehe: „Sollte die Frau, die Du liebst, ins Kloster gehen, sollst Du auf keinen Fall als Ersatz die Schwester nehmen.“
1761 wurde er Vizekapellmeister des Fürsten Esterházy in Eisenstadt. Von nun an lebte er mit seiner Frau in Eisenstadt im Burgenland. Ein vielseitiges Arbeitspensum war mit dieser Aufgabe verbunden. Er komponierte, leitete das Orchester, organisierte Opernaufführungen und spielte Kammermusik. In den Wintermonaten hielt sich Haydn aber in Wien auf, wo er 1767 Leopold Mozart, dem Vater von Wolfgang Amadeus begegnete. Im Jahr 1772 nahm Joseph Haydn den jungen Komponisten Ignaz Pleyel gegen ein Jahresgeld in Pension als Schüler auf.
In der folgenden Zeit komponierte Haydn neben Kammermusikwerken, Sinfonien und Anderem auch sechs Klaviersonaten. Großes Interesse an diesen Klaviersonaten hatten die Schwestern Katharina und Marianne Auenbrugger, die in Wien angesehene Pianistinnen waren. Haydn war mit der Familie freundschaftlich verbunden. Den Schwestern Auenbrugger widmete er seine drei Sonaten Hobboken XVI Nummer 37-39. Marianne Auenbrugger wurde auch eine bekannte Komponistin, von der hauptsächlich Klavierwerke überliefert sind.
Im Jahr 1781 entwickelte sich zwischen Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart eine enge Freundschaft. Über Mozart, der nach Haydn der zweite Hauptvertreter der Wiener Klassik war, äußerte sich Haydn bei dessen Vater wie folgt: „Ich sage ihnen vor Gott, als ein ehrlicher Mann, ihr Sohn ist der größte Komponist, den ich von Person und dem Namen her kenne. Er hat Geschmack und überdies die größte Kompositionswissenschaft.“ Haydn und Mozart gehörten beide der Freimaurerloge an, was zusätzlich von einer großen Verbundenheit zeugte.
Im Januar 1785 besuchte Joseph Haydn Wolfgang Amadeus Mozart in Wien und hörte dessen Streichquartette, die Mozart Haydn gewidmet hatte. Im Dezember 1790 trafen beide sich ein letztes Mal. Im selben Jahr ging Haydn nach Wien zurück, weil das Orchester in Eisenstadt aufgelöst wurde. Er erhielt 1400 Gulden Pension.
Im Januar 1791 reiste Joseph Haydn das erste Mal nach London und blieb bis zum Jahr 1792. Er folgte einer Einladung des Konzertagenten Johann Peter Solomon in London, um seine Sinfonie aufzuführen. In London lernte er unter anderem die Sängerin und Komponistin Rebecca Schroeter kennen, der er ein Trio widmete. In seinem Londoner Tagebuch befinden sich 22 Briefe, die Rebecca Schroeter Haydn geschrieben hatte. Haydn äußerte sich seinem Biografen gegenüber wie folgt: „Briefe von einer englischen Witwe in London, die mich liebte; aber sie war, ob sie gleich schon 60 Jahre zählte, noch eine schöne und die liebenswürdige Frau, die ich, wenn ich damals ledig gewesen wäre, sehr leicht geheiratet hätte.“ Rebecca Schroeter war die Schwägerin von Corona Schroeter, die als Goethes erste Ephigenie unsterblich wurde und als Komponistin von zwei Liedersammlungen hervorgetreten war.
1791 im Dezember lernte Haydn in London auch die Sängerin Elisabeth Bellington kennen, die in London ein Konzert gab. Elisabeth Bellington war nicht nur Sängerin, sondern auch Pianistin und Komponistin. Haydn äußerte sich über sie wie folgt: „Sie ist ein großes Genie und all die Weiber sind ihr gehässig, weil sie schön ist...“
Durch die großen Erfolge, die Haydn in London hatte, sah sich sein früherer Arbeitgeber, der Fürst Esterházy veranlasst, seine Rente auf 2300 Gulden zu erhöhen. Auf der Rückreise von London nach Hause traf Haydn Ludwig van Beethoven in Bonn, der als sein Schüler nach Wien kommen sollte.
1792 wurden im Redutensaal in Wien zwölf Menuette und zwölf Deutsche Tänze von Haydn aufgeführt, die Haydn für die Pensionsgesellschaft der bildenden Künstler schrieb. 1793 wurde in seinem Geburtsort Rohrau ein Haydn-Denkmal errichtet. Im demselben Jahr kaufte Haydn ein Haus in Gumpendorf bei Wien, das er nach seiner zweiten Englandreise im Jahr 1794 bezog und bis zu seinem Tod bewohnte. Heute ist in diesem Haus das Wiener Haydnmuseum untergebracht.
1794 fuhr Haydn zum zweiten Mal nach London. 1795, zurück in Wien, gab er wieder ein Konzert im Redoutensaal. Es standen diesmal drei seiner Londoner Sinfonien auf dem Programm und Ludwig van Beethoven selbst spielte ein eigenes Klavierkonzert. Haydn war des Lobes voll, was Beethoven betraf. Er äußerte sich folgendermaßen: „Kenner und Nichtkenner müssen unparteiisch eingestehen, dass Beethoven mit der Zeit einer der größten Tonkünstler Europas sein wird.“ Beethoven widmete Haydn seine ersten drei Klaviersonaten op.2 Nr. 1-3.
1797 komponierte Haydn die berühmte Kaiserhymne, die heute die deutsche Nationalhymne ist.
1800 starb Haydns Frau Anna Maria. Der nun 68-jährige lebte umsorgt von Personal weiter in seinem Haus in Gumpendorf. Am Ende von Haydns Lebens- und Schaffenszeit hatte die romantische Bewegung in Wien als zukunftweisende künstlerische Richtung deutlich an Gestalt gewonnen. In Haydns Todesjahr wurde in Wien der Lukasbund gegründet, eine Manifestation der Kritik am Überkommenen und das Bekenntnis zu einem neuen künstlerischen Ideal.
Aus Haydns Spätzeit ist bekannt, dass er noch mehrere junge Komponisten unterrichtete, beriet und förderte. So profitierten in den Jahren 1803 und 1804 Antonio Diabelli, Conradin Kreutzer und Johann Nepomuk Hummel von seinen Ratschlägen. Der erst 17-jährige Carl Maria von Weber, der Haydn im Frühjahr 1804 traf, berichtete nach einem Treffen, dass Haydn sehr offen jungen Künstlern gegenüber war und sich besonders gern mit ihnen unterhielt. Der letzte Kompositionsschüler von Joseph Haydn war der Klaviervirtuose Friedrich Kalkbrenner.
Am 31. Mai 1809 starb Joseph Haydn im Beisein seiner Dienstleute an Entkräftung. Er wurde auf dem Hundsturmer Friedhof in Wien-Meidling beerdigt. 1820, 11 Jahre nach seinem Tod, wurde sein Leichnam exhumiert und in die Haydnkirche in Eisenstadt überführt. Bei diesen Arbeiten wurde der Schädel von Haydn gestohlen (um ihm einem Anhänger der Schädellehre zuzuspielen). Also wurde Haydn ohne Schädel in Eisenstadt begraben. Der Schädel wanderte durch einige Hände und wurde 1895 der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien übergeben. Dort befand er sich bis zum Jahr 1953. Endlich dann im Jahr 1954 wurde der Schädel in einem Festakt von dem Künstler Gustinus Ambrosi zu den Gebeinen in der Haydnkirche in Eisenstadt gelegt.
Quellen:
Foto: Thomas Hardy [Public domain], via Wikimedia Commons
Text: Weiermüller-Backes, Isolde: Lebenslauf von Joseph Haydn. In: Klassika - Die deutschsprachigen Klassikseiten. Stand: 07. August 2009.
https://www.klassika.info/Komponisten/Haydn/lebenslauf_1.html (abgerufen am 28. November 2017).